Interview
mit Heilpraktikerin Jutta Scharping
(Veröffentlicht in "DATES")
Wenn
die ersten Sonnenstrahlen nach Draußen locken, die Vögel
zwitschern und alles auf Frühling eingestellt ist, sollte dies
Grund zur Freude sein. Doch für viele Menschen bedeutet die schönste
Zeit des Jahres vor allem eins: laufende Nasen, tränende Augen und
manchmal sogar akute Atemnot. Statt allergiehemmende Tabletten zu
schlucken, gibt es nun eine Alternative gegen Heuschnupfen:
Akupunktur. Heilpraktikerin Jutta Scharping berichtet über die
Methode der traditionellen chinesischen Medizin und erklärt, dass
Akupunktur bei vielen Leuten hilft – ob als Schmerztherapie bei
chronischen Erkrankungen oder bei psychosomatischen
Suchterkrankungen wie etwa dem Rauchen.
Frau
Scharping, Sie arbeiten seit einiger Zeit als Heilpraktikerin in
Lahnstein und haben schon viele Menschen therapiert. Welche
Erfahrungen haben Sie mit Allergikern gemacht – kann Akupunktur
als Therapiemethode gegen Heuschnupfen und andere Allergien
angewandt werden?
Ja,
die Therapie von Allergikern ist durch die Akupunktur möglich, und
ich persönlich habe schon gute Erfolge bei meinen Patienten
erzielt. Vielen Patienten konnte zuvor mit schulmedizinischer
Behandlung nicht geholfen werden. Die traditionelle chinesische
Medizin geht von einem Gleichgewicht der Kräfte Yin und Yang
innerhalb des Menschen aus. Wird diese Balance gestört – z.B.
durch Stress – entsteht eine Störung: eine Allergie oder eine
Immunschwäche. Meine Aufgabe ist es, die Ursache für die
Disharmonie zu finden und die Grundenergie Qi wieder harmonisch fließen
zu lassen.
Wie
ermitteln Sie die Krankheitsursache?
Jeder
Patient wird von mir über aktuelle Beschwerden, Allgemeinbefinden
und Lebensstil befragt. Auch der Zungenbefund ist für die Diagnose
wichtig. Es werden nicht nur körperliche, sondern auch seelische
Beschwerden berücksichtigt.
Durch
diese ausführliche Befragung stelle ich anhand der Symptome des
Patienten sein persönliches Krankheitsmuster fest.
Das
bedeutet, dass jeder Patient eine individuelle Behandlung durch Sie
erfährt. Wie könnte der Verlauf einer solchen Therapie im
Folgenden aussehen?
Nach
dem individuellen Disharmoniemuster des Patienten wähle ich die
Akupunkturpunkte aus und entscheide, ob ich Moxatherapie (Wärmezufuhr)
und Schröpfköpfe einsetze.
Ist
der Einstich der Akupunkturnadel schmerzhaft?
Im
Allgemeinen ist der Einstich schmerzarm. Der Patient spürt meist
ein dumpfes, leicht ziehendes Gefühl oder auch ein Wärmegefühl,
in China De-Qi genannt.
Was
bewirkt das Setzen der Nadel im Körper?
Akupunktur
wirkt nachweislich auf das zentrale und periphere Nervensystem, hat
Einfluss auf die Hormonproduktion, wirkt auf die Blutzirkulation,
das Immunsystem und sehr entspannend auf die Psyche.
Wie
lange dauert eine Sitzung und wie oft muss ein Patient erscheinen,
bis er gesund ist?
Das
hängt natürlich von dem individuellen Muster des Patienten ab. Die
erste Behandlung dauert 1,5 Stunden, alle weiteren Sitzungen 40-60
Minuten.
Bis
der Patient eine deutliche Besserung seiner Beschwerden erreicht
hat, benötigt man zirka 3-10 Behandlungen, je nach Schwere der Störung.
Bei chronischen Erkrankungen ist die Behandlungsdauer auch länger.
Um die Genesung dauerhaft zu erhalten, ist es meist sinnvoll die
Behandlung nach längerer Zeit aufzufrischen.
Könnten
Patienten, die zum Beispiel an Heuschnupfen leiden, auch schon
vorbeugend während der Wintermonate zu Ihnen kommen?
Natürlich,
das ist sogar die bessere Variante und dies nicht nur bei
Allergie-Patienten. Denn die Akupunktur ist nach den Chinesen
besonders für die Dinge geeignet, die gestört und nicht zerstört
sind. Damit empfiehlt es sich also, bereits bei leichten Beschwerden
die Methode der traditionellen chinesischen Medizin anzuwenden,
bevor die Krankheit soweit fortgeschritten ist, dass eine Heilung
nur noch schwer möglich ist.
Immer
mehr Menschen legen Wert auf ihre Gesundheit und wollen einen
vitalen, schlanken Körper. Ist Akupunktur in der Lage, auch bei der
Entwöhnung vom Rauchen oder der Gewichtsreduzierung zu helfen?
Durchaus.
Akupunktur wird in den USA bereits angewandt, um psychosomatische Störungen
und Suchterkrankungen zu behandeln. Allerdings ist mir bei der Entwöhnung
vom Rauchen durch Akupunktur wichtig, dass der Patient wirkliches
Interesse zeigt und seine Nikotinsucht besiegen will. Daher muss
jeder, der wegen einer Raucherentwöhnung in meine Praxis kommt,
vorher 24 Stunden nicht geraucht haben. So habe ich schon sehr gute
Erfolge erzielt.
Bei
der Gewichtsreduzierung ist die Anamnese ausschlaggebend, weil es
unterschiedliche Gründe gibt, die zu Übergewicht führen können.
Zum Beispiel kann Stress die Darmtätigkeit negativ beeinflussen. In
solchen Fällen kann Akupunktur helfen und den Stoffwechsel anregen.
Es
ist interessant, dass eine so alte Heilmethode wie Akupunktur
moderne Krankheiten wie Allergien und Suchterkrankungen therapieren
kann. Wie erklären Sie sich dieses Phänomen?
Das
ist das Faszinierende an der traditionellen chinesischen
Heilmethode. Sie hat bereits vor Jahrtausenden Bauern bei ihren
Beschwerden geholfen und wirkt heute auch bei stressgeplagten
Menschen.
Bei
welchen Beschwerden würden Sie die Akupunktur noch empfehlen?
Akupunktur
wirkt sehr gut bei akuten und chronischen Rückenbeschwerden,
Schulterschmerzen, Tennis-Arm, Abwehrschwäche – z.B. häufige Erkältungskrankheiten,
Asthma, Allergien, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen,
chronischer Müdigkeit, Magen- und Darmerkrankungen, chronischen
Durchfällen, Verstopfung, Reizdarm, gynäkologischen Erkrankungen,
Menstruationsbeschwerden und bei klimakterischen Beschwerden.
Würden
Sie Akupunktur als „Wunder- und Allheilmethode“ beschreiben?
Ganz
neu durchgeführte Akupunkturstudien haben ergeben, dass bei vielen
chronischen Schmerzerkrankungen Akupunkturbehandlungen eine deutlich
bessere Wirkung als die Schulmedizin hatten. Die Patienten sind auch
über die Bandbreite des Heilungserfolges überrascht. Wer ursächlich
wegen quälender Migräne zur Behandlung kam, erlebt zum Beispiel,
dass nicht nur die Kopfschmerzen nachlassen. Er schläft plötzlich
auch wieder besser, die Verdauung normalisiert sich, die
Magenbeschwerden verschwinden und er fühlt sich viel
stressresistenter und leistungsfähiger.
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